Formnext – ein Besuchsbericht mit Fokus auf Materialthemen

13.12.2019

Ein Beitrag unserer Themenpatin für Material, Christina Arndt

Die Formnext, die in ihrer 5. Auflage, mit mehr als 850 Ausstellern und 34.500 Teilnehmern, vom 19. bis 22. November 2019 in Frankfurt am Main stattfand, zeichnete einen Besucherzuwachs und eine deutliche Vergrößerung der Ausstellungsfläche aus. Wie die Branchenvertreter meinten – es boomt.

Generell waren Oberflächenbehandlung- post processing, readiness for market, eine starke Präsenz der Akteure von metallischem additive manufacturing (AM),  ein stärkeres Interesse an Keramik, Anwendung des AM im Werkzeugbau, neue Steuerungssoftware, Simulationssoftware und sicherere IT-Lösungen, Roboter, Hochtemperaturdruck, Großraumdrucker und innovative Drucktechnologien, z.B. mit hoher Druckgeschwindigkeit, prävalente Themen auf der diesjährigen Formnext.

Die Materialentwicklung ist ein wesentlicher Treiber für die Industrialisierung der additiven Fertigung, so die Meinung vieler Hersteller. Hochleistungsthermoplaste sind ebenso wie Verbundwerkstoffe bei Herstellern nach wie vor sehr gefragt. Um den Anforderungen von Endanwendungen gerecht zu werden, bringen führende Chemieentwickler neue Formulierungen auf den Markt und präsentierten sie auf der Messe.  So hat EOS ein neues FDR-System (Fine Detail Resolution) für die Verarbeitung von Polymeren entwickelt und damit als erstes Unternehmen eine CO-Laserlösung für den pulverbasierten industriellen 3D-Druck entwickelt. Materialien biologischen Ursprunges oder mit guter biologischer Abbaubarkeit waren jedoch wenig vertreten. Ein Filament aus Finnland von der Firma NOVUM aus 100 % Zellulose das, nach Aussage des Forscherteams komplett kompostierbar sein soll, stach dabei aus der Masse heraus.  Momentan sind denkbare Anwendungsgebiete hier elektrische Isolation. Man schaut derzeit nach weiteren Anwendungsszenarien. Emery Oleochemicals, ein malaysisches Unternehmen, das auf die Herstellung von Chemikalien aus natürlichen Quellen spezialisiert ist, hat ein neues Bindemittelsystem zur Herstellung von Filamenten aus Metall- und Keramikpulvern entwickelt. Die Firma MCPP, eine Tochterfirma von Mitsubishi Chemicals, versucht ihren Beitrag zur Nachhaltigkeit durch eine Filament Herstellung von recycelten PET Flaschen zu leisten. Ihr Material Durabio, welches innerhalb weniger Tage komplett kompostierbar sein soll, ist ebenfalls vielversprechend. Auch die belgische Firma Tridea griff die Idee aus recycelten PET Flaschen Filament zu machen auf und bietet PET Filament für FDM Drucker an. Als Alleinstellungsmerkmale für dieses Filament wurde besonders die Flexibilität und die höhere Temperaturresistenz angegeben.

Das lettische Unternehmen Exponential Technologies Ltd forscht und entwickelt zum Thema automatische Anpassung an neue Materialien.  Maschinen und Fertigungsprozesse will das Start-up verbessern und verwendet dafür KI- und „Machine-Learning“-Algorithmen. Damit lassen sich die richtigen Maschinenkonfigurationen für Laserbearbeitung, additive Fertigung und CNC-Maschinen, sowie optimierte Materialmischungen finden. Spannend war auch ein Projekt des Fraunhofer Institut für graphische Datenverarbeitung IGD.  Dort ist es in einem Pilotprojekt gelungen CAD Modelle mit funktional graduierten Materialien (FGM) für den 3D Druck zu versehen, bisher war gängige Praxis das Modell in Teilmodelle zu unterteilen, um dann verschiedene Materialien für den Druckprozess anzuweisen. Mit ihrer Software ist es möglich Materialzuweisung in einem Schritt anhand von Texturen für den 3D Druck vorzunehmen, was zum Beispiel diskrete Materialübergänge erlaubt. Auch ein Thema das starkes Interesse genierte waren neue Stützmaterialien für den 3D Druck insbesondere für FDM Verfahren. Infinite Material Solutions hat kürzlich ein Verbundmaterial entwickelt, mit dem Namen AquaSys ™ 120, das sowohl wasserlöslich als auch thermisch stabil ist. Dieses Harz, ein Composite Material, besteht aus einem natürlich vorkommenden Kohlenhydrat, das mit einem Polymer gemischt ist, welches flexibel, zäh und wasserlöslich ist.

Neben Maschinen die Hochtemperaturdrucke bewerkstelligen können, ging es auch um Material um diese Prozesse zu unterstützen. Sabic stellte das „Extem-Polymer“ sein Hochtemperaturmaterial aus der Ultem Familie, das in Zusammenarbeit mit Roboze entwickelt wurde, vor. Besondere Aufmerksamkeit wurde durchsichtigem FDM Filament gewidmet, das insbesondere bei medizinischen Anwendungen seinen Einsatz finden soll. Während der Messe stellten Formlabs und Photocentric Drucker für Dentalanwendungen vor, und Carbon gab die Verfügbarkeit von KeySplint Soft Clear bekannt, einem von der FDA zugelassenen Material für Dentalanwendungen. Auch Filamenten mit sehr niedrigen Shore – A Werten wurden vorgestellt. So stellte Stratasys Tango und Tango Black Plus 3 oder RECREUS „fliaflex“ vor. Auch kleinere deutsche Firmen wie 3D Figo stellen sehr flexibles, durchsichtiges Filament vor.  Das deutsche Spezialchemieunternehmen Evonik will sich nun stärker auf die Nachfrage nach PA12-Pulver konzentrieren. Zu den Neuheiten im Evonik-Sortiment gehört ein „innovativer Copolyester“, der hochelastisch und zäh ist. Polyamid 613 Pulver für Hochtemperaturanwendungen, ein medizinisches VESTAKEEP i4 G PEEK-Filament in Implantatqualität und hochschlagfeste Heißlithografiematerialien für Cubicure. PEEK war ein Material das bei verschiedenen Herstellern, wie zum Beispiel auch 3DK mit großem Interesse verfolgt wird. Metalldruck war eines der am stärksten, in meinen Augen, vertretene Thema auf der diesjährigen Formnext, wobei die Pulverbettfusion nach wie vor die größte Rolle spielt.  Die additive Fertigung von Metallen wächst auch in zunehmendem Maße für den Serieneinsatz, so demonstriert u.a. von Renishaw, EOS, Trumpf, HP, 3D Systems. Desktop Metall kündigte die Einführung des „weltweit ersten Metallbinder-Spritzsystems für den Maschinenbau“ an. „LMI – Laser Melting Innovations“ gewannen mit einem kostengünstigen Metalldrucker (Lasersintertechnologie), der sich vor allem an mittelständische Unternehmen richtet einen Preis als innovatives Start-up.

Vorgestellt wurde auch das Elektronenstrahlschmelzmaschinen (EBM). EBM ist wie SLM ein Pulverbettverfahren, und beide Verfahren können für dasselbe Metall sinnvoll sein. Die gleichmäßige Erwärmung des Gehäuses in EBM sorgt für eine bessere Kontrolle über Materialspannungen.

Desweitern stellte Tritone sein „Moldjet“ -Verfahren vor, ein neues 3D-Druckverfahren, mit dem während des 3D-Druckvorgangs Formen gedruckt und Objekte gegossen werden. Beim Moldjet wird eine Schicht einer Polymerform gedruckt, in die dann Metall mit einer Paste aus Bindemittel mit Metallpulver eingebracht wird. Diese Schicht aus Polymer- und Metallpaste wird dann ausgehärtet, dann wird eine weitere Schicht hinzugefügt. Am Ende wird die Form ausgelöst, um das Metallteil freizulegen, das durch einen abschließenden Sinterschritt gefestigt wird.

Anfang 2019 erwarb der 2D-Druckpionier XEROX das Startup VADER. Auf der Formnext präsentierten sie ein Modell ihres ersten Metalldruckers, der auf der „Liquid Metal Printing“ -Technologie basiert. Mit dem zunehmenden Reifegrad der Binder Jetting-Technologien zeigt die Metallspritzgussbranche (Metal Injection Molding) ein verstärktes Interesse an der additiven Fertigung, um ihre derzeitigen Produktionskapazitäten zu ersetzen und zu ergänzen. Mit INDO MIM und ALLIANCE MIM zeigten zwei große Vertreter der Branche auf der Formnext zahlreiche potenzielle Binder Jetting-Anwendungen, die ursprünglich für MIM entwickelt wurden. HP hat bereits einen Anwendungsfall für mehr als eine Million 3D-Teile vorgestellt, die von Smile Direct gedruckt wurden. Die zunehmende Präsenz von Automatisierungsgeräten spricht auch für die erwarteten gesteigerten Möglichkeiten der Serienproduktion. EOS stellte seine Shared Modules vor, ein System, das einen 3D-Metalldrucker mit Pulversieben und „Entpuderungsschritten“ in separaten Einheiten verbindet.

Keramische Werkstoffe und die passenden Drucker wie vom dem französische Hersteller 3DCeram waren auch vermehrt vertreten.  Das Verfahren von 3DCeram ist durch Laser-Stereolithographie-Arbeiten von Thierry Cartier gekennzeichnet und verwendet einen Laser, um eine Paste aus Keramik und lichtempfindlichem Harz zu polymerisieren. Auch stellten Sie einen Großformatdrucker vor, 600x600x300 mm, das sind die Abmessungen der Bauplattform des C3600 Ultimate.  Der ermöglicht die Massenproduktion oder das Bedrucken großer Teile wie ein Satellitenspiegel.  Auch Admatec, ein niederländisches Keramik-AM-Unternehmen, hat sein neuestes Produkt vorgestellt: Admaflex 300, ein flexibles, offenes System für hochvolumige 3D-gedruckte Keramik- und Metallkomponenten. Der für die Produktion ausgelegte 3D-Drucker bietet ein erhöhtes Fertigungsvolumen sowie eine integrierte Überwachung der Prozessqualität und ein automatisiertes Rohstoffsystem. Die Glassomer GmbH beschäftigt sich mit dem Stereolithographie-3D-Druck von Glas und ermöglicht mit ihrem Verfahren die Strukturierung von hochwertigem Quarzglas. Sie zeigen die gleiche hohe optische Transparenz im UV-sichtbaren und infraroten Bereich bei gleichzeitig hoher thermischer und chemischer Beständigkeit, sowie die gleiche mechanische Festigkeit und Härte von handelsüblichem Quarzglas.

Post-processing der Drucke wurde zu einem durch eine Vielzahl von CNC Anwendungen demonstriert zum andern durch Oberflächenbehandlung mit Hilfe chemischer Behandlung. AMT bietet ein Beispiel. Das PostPro3D-System wendet ein proprietäres chemisches Dampfglättungsverfahren auf Polymerteile an. Bei Metallen kommt etwas Vergleichbares von Hirtenberger. In der Ausstellung dieses Unternehmens wurde der Schwerpunkt auf das firmeneigene chemische Verfahren zur Nachbearbeitung von Metalladditivteilen gelegt. Dieser Prozess beginnt mit dem Design der Stützstruktur die sich leicht und sauber auslösen lassen. Auch Plasmabehandlungen wurden vorwiegend von amerikanischen Anbietern wie Pyrogenisis angeboten.  Pyrogenisis spezialisiert sich da auch auf Metallanwendungen.   LuXMAtic 700 stellte, neben vielen anderen, seinerseits das Iterative Flux Smoothing (IFS) System vor, Applikationen sollen vor allem im Bereich Aeropsace sein. Alloys und Beschichtungen waren vereinzelt Thema, so hat die Berliner Firma PSC hat neue Technologien entwickelt für den 3D-Druck von Siliciumcarbidlegierungen, welche besonders die mechanischen Eigenschaften bei einer Vielzahl von Materialien wie Metallen, Glass und Silikonen verbessern soll.

Zum Thema Nachhaltigkeit in Verbindung mit Material wurde häufig versucht, ein Kreislauf System (cradle to cradle) in die Unternehmensstrategie mit einzubinden. Das amerikanische Unternehmen 6K, ehemals Amastran, entwickelte eine Plasmaanlage zur Herstellung von Metallpulvern aus gebrauchten Pulvern, Abfällen oder abgenutzten oder defekten Metallteilen. Es ist Teil einer Kreislaufwirtschaft und kann vor allem Metalllegierungen erzeugen, die bisher nicht erhältlich waren. Im Sinne der Kreislaufwirtschaft war auch das Thema Material Recycling und Material Wiederverwertung ein Thema,  so stellten einige Firmen wie unter anderem 3DEVO aus Holland ihren Filamenthäcksler vor, der nicht gebrauchtes oder übriggebliebenes Filament wieder zu neue druckbarem Filament presst.

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