3D-Druck von Pilzmyzelwerkstoffen für den Bau von Transmissionline-Lautsprechern

11.12.2024

Das Projekt Mycoustics ist im Rahmen der 3DKonzeptLabs als Kooperation des Fraunhofer IWU und Haute Innovation von Prof. Dr. Sascha Peters vorgestellt worden.
Als nachwachsender und bio-zirkulärer Rohstoff hat Pilzmyzel in der Verpackungs- und Textilindustrie bereits Anwendungspotenziale als nachhaltiger Styropor- und Lederersatz erschlossen. In der Pharmazie ist er seit vielen Jahren nicht mehr wegzudenken. Für den Innenraum ergibt sich in Verbindung mit anderen Biomaterialien vor allem die Möglichkeit, die Raumakustik und das Sounderlebnis auf ganz natürliche Weise zu beeinflussen.
Seit September 20024 arbeitet ein Forscherinnenteam am Fraunhofer IWU in Dresden in einem vom BMBF geförderten Projekt daran, hochwertige Lautsprecher noch besser klingen zu lassen. Das ehrgeizige Ziel lautet: Lebend-Myzel im 3D-Druck zu verarbeiten und anschließend gezielt im Wachstum zu beeinflussen, um in einem Vorgang sowohl schallreflektierende als auch schallabsorbierende Eigenschaften zu erzielen.

Besonders vielversprechend sind die Ergebnisse zur Programmierbarkeit bzw. Beeinflussbarkeit des Pilzmyzelwerkstoffs im Hinblick auf die spezifischen Anforderungen im Lautsprecherbau. Komplexe Funktionseinheiten sollen in zusammenfassenden Bauteilen integriert und hochwertige Transmissionline-Lautsprecher mit Pilzmyzel umgesetzt werden.
Für den jeweiligen Einsatzzweck erwünschte Materialeigenschaften sind in der Kultivierung des Myzels durch Beeinflussung der Umweltbedingungen gezielt einstellbar. So lassen sich schaumartige Strukturen besonders zur Schallabsorption bzw. Dämpfung unerwünschter Schwingungen nutzen, während feste und glatte Strukturen sehr gut für die Schallreflexion geeignet sind.
Sogenannte Transmissionline-Lautsprecher setzen für einen guten Tiefbass und möglichst wenig Resonanzen (Eigenschwingungen) des Lautsprechergehäuses auf eine Schallaustrittsöffnung im Gehäuse, die mit einem bis zu drei Meter langen Rohr im Inneren des Gehäuses verbunden ist. Dieses Rohr muss in der Lautsprecher-Box mehrfach gefaltet werden, um Platz zu finden – wodurch sich eine komplexe Geometrie ergibt.
Allein die hohen Herstellungskosten halten viele Hersteller mittlerweile von diesem Konstruktionsprinzip ab. Diese Herausforderung löst der Vorschlag des IWU-Teams auf elegante Weise: durch werkzeuglosen Druck von Funktionskomponenten und Lautsprechergehäuse. Ganz nebenbei reduziert sich auf diese Weise die Zahl von Klebe- und sonstigen Fügeverbindungen, für die Herstellung sind also deutlich weniger Prozessschritte als bei konventionellen Fertigungsverfahren nötig.
Für Pilzmyzel als Werkstoff sprechen weitere Kostenargumente. Das Recycling organischer Substrate als Grundlage des Werkstoffs ist ebenso kostengünstig wie die Verarbeitung bei geringem Energieaufwand. Pilzmyzel kommt im Boden in großen Mengen vor. Es lässt sich auch aus organischen Reststoffen wie Stroh, Holzresten, Sägespänen, Schilfresten oder Rückständen beim Bierbrauen (Treber) gewinnen.
Nicht zuletzt sprechen ökologische Argumente für diesen Werkstoff. Während bei einer zerspanenden Herstellung durch Zuschnitt, Fräsen oder Bohren viel Abfall entsteht, ist es beim 3D-Druck von Pilzmyzel genau umgekehrt: der druckbare Werkstoff basiert auf organischen Reststoffen; verarbeitet wird nur, was benötigt wird. Das Material ist völlig ungiftig, Speisepilzen vergleichbar und vollständig biologisch abbaubar.
Als Kooperationspartner des Fraunhofer IWU wird die Zukunftsagentur Haute Innovation im vom Bundesministerium für Bildung und Forschung im Rahmen der Förderrichtlinie DATIpilot geförderten Projekt versuchen, das Potenzial von Myzelwerkstoffen für den Bau sogenannte Transmissionline-Lautsprecher zu erschließen.
Die Projektbeteiligten:
Haute Innovation 
Fraunhofer IWU
Foto oben:  Schematische Darstellung der komplexen Geometrie einer Transmissionline
Foto unten: Schaumartige Strukturen absorbieren (schlucken) den Schall und reduzieren unerwünschte Schwingungen
Quelle beide: Fraunhofer IWU

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