Peter M. Scholz im Interview mit dem Marketing Club Berlin

19.11.2017

Im Mai 2016 ist der Verband 3DDruck e.V. gegründet worden. Peter M. Scholz, Mitglied des MC Berlin, ist Initiator und stellvertretender Vorsitzender des Verbandes. Im Interview haben wir ihn nach seinen Motiven sowie den Aktivitäten des Verbandes befragt. Das Original-Interview ist Mitte November hier erschienen.


Herr Scholz, Sie begleiten als Berater Unternehmen in Veränderungssituationen. Wie sind Sie auf den 3D-Druck aufmerksam geworden?

Das Veränderungspotenzial ist hier außerordentlich hoch, denn durch die 3D-Druck-Technologie sind sehr weitreichende Transformationseffekte in Produktions- und Betriebsprozessen zu erwarten. Die Idee, für den 3D- Druck einen Verband als Interessenvertretung zu gründen, entstand in einem Kreis von Experten aus den Bereichen Marketing und Kommunikation. Sie gehören auch zu den Gründungsmitgliedern des Verbands.

Wir haben gesehen, dass das wirkliche Potenzial dieser neuen Technologie in der Öffentlichkeit nicht ansatzweise bekannt ist. Unser Anliegen ist es deshalb, einerseits dieses Potenzial zu kommunizieren – sowohl der Politik als auch einer breiten Öffentlichkeit– und andererseits die Hersteller und User in der Branche zu unterstützen, indem wir ihnen unser Know-how im Marketing und der Kommunikation zur Verfügung zu stellen. Zudem möchten wir die Diskussion über die gesellschaftlichen Auswirkungen dieser Zukunftstechnologie mitgestalten.

Was sind die Ziele des 3D-Druck Verbandes?

Der Verband ist angetreten, herstellerneutral und verfahrensübergreifend die Interessen aller Akteure rund um den 3D-Druck im deutschsprachigen Raum zu vertreten. In erster Linie wollen wir die Interessen der 3D-Druck-Branchen, auch Additiv Manufacturing genannt, bündeln und sie gegenüber der Politik vertreten. In gleicher Weise wollen wir zentraler Ansprechpartner für die Politik zu dieser Zukunftsbranche sein. Denn die Branche ist bisher kaum organisiert. Bei der Verarbeitung von Kunststoff oder Metall gibt es jeweils andere Maschinen, andere Software, andere Grundstoffe und natürlich unterschiedliche Anwendungsfelder. Hier wollen wir Innovationen fördern und gemeinsame Anliegen formulieren.

Aktiv in vier übergeordneten Handlungsfeldern
Uns geht es weniger um technische Fragestellungen – dies sind eher die Schwerpunkte einzelnen Fachverbände. Wir konzentrieren uns auf vier übergeordnete Handlungsfelder, die nahezu alle unsere Mitglieder bewegen: Bildung, Normung, Rechtssicherheit und Nachhaltigkeit. Mit den zahlreichen Fach- und Regionalverbänden knüpfen wir Kooperationen, um so die Arbeit vor Ort zu unterstützen und Akteure weiter zu vernetzen.

Was haben Sie bisher erreicht?

In den zurückliegenden gut eineinhalb Jahren haben wir bereits Beachtliches erreicht. Wir haben Strukturen aufgebaut, um eine wirkungsvolle Interessenvertretung leisten zu können. Wir haben es geschafft, den Verband gut zu vernetzen. Für unseren Beirat konnten wir neben speziell fachlich versierten Mitgliedern auch die für den 3D-Druck zuständigen Bundestagsabgeordneten der CDU/CSU, der SPD und der Grünen gewinnen. Wir würden uns sehr freuen, wenn zukünftig auch ein Vertreter der FDP mit an Bord wäre. Zudem gibt es bereits neben Kontakten auf regionaler Ebene auch Verbindungen in die Schweiz, nach Österreich und vor allem Brüssel. Als Fördermitglied sind wir mit dem Gesamtverband Kunststoffverarbeitende Industrie (GKV) sowie dem BDI verbunden.

Stolz sind wir auf unser gut strukturiertes Jahresprogramm für die Kern-Aktivitäten des Verbands: zum Jahresbeginn starten wir mit einer Mitgliederversammlung und Beiratssitzung. Im ersten Halbjahr tagen die Ausschüsse und wir besuchen Messen sowie Fachkonferenzen.

3DCafé im Bundestag
Wir haben ein eigenes Veranstaltungsformat entwickelt – das 3DCafé im Bundestag – das einmal pro Halbjahr stattfindet und zu dem wir alle Abgeordneten einladen. Jedes Treffen widmet sich einem speziellen Thema. Passend dazu geben wir ausgewählten Mitgliedern die Möglichkeit, sich persönlich im Bundestag zu präsentieren. So etabliert sich eine Frage-Antwort-Runde mit wachsendem Interesse und das Thema 3D-Druck ist kontinuierlich präsent.

Jahreskonferenz 3DKonzeptLab
Nach der Sommerpause setzen wir die Aktivitäten in gleicher Weise fort, gekrönt von unserer Jahreskonferenz, dem 3DKonzeptLab. Dieses fand 2017 zum zweiten Mal in Berlin statt. In fünf Arbeitsgruppen erarbeiteten die Teilnehmer aktiv Ergebnisse, die wir in einem Kompendium veröffentlichten. Die Kernforderungen aus allen Gruppen an die Politik sind: Technologieförderung und Investition in Bildung.

Was treibt Sie an, sich für den 3D-Druck zu engagieren?

Ich glaube, der 3D-Druck hat das Potenzial zum „The Next Big Thing“. Neben den technischen wird er vor allem einschneidende gesellschaftliche Auswirkungen haben. Denn 3D-Druck ändert Herstellungsmöglichkeiten grundlegend: Jeder Einzelne kann an jedem Ort der Welt zu jeder beliebigen Zeit zum Hersteller werden. Beispielsweise können Privatpersonen dann zukünftig Ersatzteil für Küchengeräte oder Ähnliches selbst ausdrucken oder ausdrucken lassen. Oder Kleinunternehmer und Künstler können Ihre Produkte oder Werke selber herstellen und vermarkten.

Weltweite Logistikströme ändern sich
Dramatisch werden die Veränderungen weltweit sein, weil sich ganze Logistikströme verändern. Denn wenn Ersatzteile, die bisher massenweise in Asien produziert wurden, einfach an dem Ort gedruckt werden, an dem man sie benötigt , verlieren diese Menschen einen wichtigen Teil ihrer wirtschaftlichen Grundlage. Das bedeutet, der 3D-Druck wird nicht so sehr in Deutschland und Europa Arbeitsplätze vernichten, sondern in den Ländern, in denen heute preiswerte (Massen-) Produktion stattfindet.

3D-Druck als zusätzliche Herstellungsoption
Für uns heißt das, die Rahmenbedingungen ändern sich entscheidend. Es geht in Zukunft um die Produktion von individuellen Einzelstücken. Durch den 3D-Druck werden sich komplexe Businessmodelle entwickeln, die Spezialisten benötigen, die in der Lage sind, individuell und bedarfsgerecht zu fertigen – egal ob Ersatzteile für eine Maschine oder den menschlichen Körper. Eine weitere Chance des 3D-Drucks liegt darin, dass Produkte nicht 1:1 kopiert werden, sondern völlig neuartig konstruiert werden können. Das passiert heute schon zunehmend in der Automobilindustrie und dem Flugzeugbau, wo gesteigerte Anforderungen an die Haltbarkeit bei geringerem Gewicht in Einklang gebracht werden müssen.

3D-Druck bietet zahlreichen Branchen zusätzliche Optionen in der Herstellung. Schon heute setzen viele Unternehmen erfolgreich Additiv Manufacturing ein. Sie nutzen es neben den traditionellen Herstellungsverfahren als eine zusätzliche Produktionstechnologie und erweitern damit ihre Handlungsspektrum.

Es ist bereits technisch möglich, ganze Brücken oder Häuser im 3D-Druck-Verfahren herzustellen. Ob dies in Serie wirtschaftlich sinnvoll ist, wage ich zu bezweifeln. Meines Erachtens gilt es, die Potenziale des 3D-Druck zielgerichtet einzusetzen, dies sind: Produktion On-Demand, Individualisierung sowie intelligente Konstruktion. Ein sehr positiver Nebeneffekt ist, dass 3D-Druck so zu mehr Nachhaltigkeit beiträgt.

Was sind Ihre Aufgaben im Verband?

Als stellvertretender Vorsitzender kümmere ich mich neben den allgemeinen satzungsgemäßen und verbandsrechtlichen Aufgaben um die strategische Entwicklung des Verbands sowie das Marketing. Da die Branche ja noch relativ jung ist, verändern sich die Bedürfnisse stetig oder werden erst im Laufe der Zeit deutlich. Hier gilt es, ständig den Kontakt mit den Mitgliedern zu halten und die Positionierung und die Leistungen des Verbandes nachzusteuern. Das kostet eine ganze Menge Zeit. Deshalb ist es sehr wichtig, sich immer wieder auf die Kernthemen zu konzentrieren. Das heißt leider manchmal Einiges – und sei es noch so spannend – nicht machen zu können.

Wer sind Ihre Mitstreiter?

Im engeren Kreis ist dies der Vorstand, der aus vier Personen besteht und unser Geschäftsführer. Wir kommen aus dem Sektor Marketing und Kommunikation, jeder mit unterschiedlichen Schwerpunkten. So vereinen wir Erfahrungen und Kompetenzen aus dem Markenaufbau, der politischen Kommunikationsarbeit, der Unternehmenskommunikation und dem Marketing. Unser Finanzvorstand ist als Fachanwalt im Bereich des gewerblichen Markenschutzes tätig.

Wer sind die Mitglieder des Verbandes?

Aktuell vertritt der Verband knapp 60 Mitglieder. Das Spektrum ist so vielfältig wie die Branche und die Einsatzgebiete des 3D-Drucks: dabei sind Startups, mittelständische Unternehmen, Spinoffs von Konzernen, sowie Universitätsinstitute und Forschungseinrichtungen. Mit dem TÜV Süd ist z.B. ein anerkanntes Unternehmen für Prüfung und Zertifizierung Mitglied im Verband und Beirat.

Wie arbeitet der Verband?

Im Vorstand haben wir die Aufgaben weitestgehend nach persönlichen Präferenzen aufteilen können, kurz gesagt: jeder macht das, was er am besten kann. Und in welchem Umfang er es leisten kann. Vorstand und Geschäftsführung arbeiten ehrenamtlich. Die Verbandsarbeit findet zusätzlich zu den jeweiligen hauptberuflichen Tätigkeiten statt. Verwaltungsaufgaben erledigen angestellte Mitarbeiter in der Geschäftsstelle. Wir agieren rechtlich und wirtschaftlich unabhängig und finanzieren uns ausschließlich über Mitgliedsbeiträge.

Daneben haben wir den ehrenamtlichen Beirat. Über die Mitglieder des Beirates stellen wir einerseits den Kontakt in die Politik her. Andererseits binden wir die spezifischen 3D-Technik-Kompetenzen in den Verband ein. Hier gibt es z.B. die Experten aus den Bereichen Logistik, Gesundheit, Bildung, Automotive oder Blockchain. Und natürlich sind die Hersteller von Druckern, Software und den verschiedenen Grundstoffen vertreten.

Kann sich jeder an den Aktivitäten des Verbandes beteiligen?

Von unserem Selbstverständnis her sind wir offen für jeden, der sich professionell mit 3D-Druck beschäftigt. Eine wesentliche Aufgabe als Verband sehen wir darin, als Plattform die zuvor benannten verschiedenen Akteure zu vernetzen. Gleichwohl sind wir in erster Linie ein Verband für Unternehmen und Institutionen, die sich professionell mit dem 3D-Druck beschäftigen, dies aber ausdrücklich technik- und branchenübergreifend. Wichtig ist uns, auch in Zukunft die gesamte Bandbreite der Branchen vertreten zu können. Aus diesem Grund freuen wir uns über weitere, vor allem aktive Mitglieder. Denn bekanntlich ist man gemeinsam am stärksten.

Peter M. Scholz ist Gründungs- und ehrenamtliches Vorstandsmitglied des Verbands 3DDruck e.V. Hauptberuflich leitet er das BÜRO SCHOLZ. Zahlreiche seiner Auftraggeber befinden sich in Erneuerungsprozessen. Als Agenturpartner berät er strategisch, entwickelt Kommunikations-Strategien, dem Neuen Gestalt und begleitet kompetent die Realisierung in Maßnahmen und Prozessen. http://www.t-ps.de/

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